Kunstweg am Alten Rhein

…ist ein grenzüberschreitender Weg entlang von künstlerischen Beiträgen im Naturerholungsgebiet Alter Rhein zwischen Lustenau (A) und Diepoldsau (CH). Vier Vorarlberger Künstlerinnen zeigen an sechs Stationen ihre Beiträge in Form von Performances, Installationen und Audiobeiträgen. Jede Station ist mit einem Schild markiert, welches mit einem QR Code versehen ist. Scannen Besucher*innen diesen Code, gelangen sie direkt zu den digitalen Inhalten der Station, beispielsweise einem Video der Performance die genau an diesem Standort aufgezeichnet wurde. Der Kunstweg kann von Besucher*innen individuell begangen werden und bietet dadurch eine niederschwellige und Covid-19-sichere Möglichkeit des Erlebens von bildnerischer und darstellender Kunst.

Der Kunstweg wurde vom 16. Juli bis 16. Oktober 2021 installiert, war kostenfrei & barrierefrei zugänglich und wurde vom Netzwerk freier Künstlerinnen* – Verein zur Förderung und Vernetzung freier Kunstschaffender unter der Leitung von Conni Holzer veranstaltet.

Der allgemein vorherrschende Leistungsdruck in unserer Gesellschaft wurde durch die von der Covid-19-Pandemie verursachten Einschränkungen, Einkommens-Einbußen, Arbeitsverluste und Ängste noch weiter verschärft. Reicht es, einfach da zu sein? Woran messen wir unseren Wert und die Sinnhaftigkeit unseres Tuns? Mit diesem Thema beschäftigen sich die Künstlerinnen des Kunstweges. Es geht ihnen darum, mit ihren Beiträgen in der Natur, ein Gegengewicht zum vorherrschenden Leistungsdruck zu schaffen.

Durch Installationen im öffentlichen Raum wird Kunst sichtbar und zugänglich für alle, die sich im öffentlichen Raum bewegen. Der offene und kostenlose Zugang zu den einzelnen Stationen ermöglicht es auch „Kunst-Neulingen“ unkompliziert und unverbindlich eine Zehe ins „Kunst-Wasser“ zu tauchen.

Mitwirkende Künstlerinnen

Stationen

Station A: Wasser – unser Lebenselixier – Video einer Tanzperformance im und auf dem Wasser von Verena Wohlrab

Station B: Ways to the Waves – vergängliche bildnerische Installation & Performancevideo von Martina Feichtinger

Station C: Stehen Sitzen Liegen – silent movement in Mu shin motion – Performancevideo von Nina Lyne Gangl und Verena Wohlrab

Station D: Klang – Klanginstallation in den Bäumen von Verena Wohlrab

Station E: AKO – Audio-Beitrag und textile Installation von Nina Lyne Gangl

Station F: Befreiungsakt – Performancevideo und bildnerische Installation von Conni Holzer

BEFREIUNGSAKT

Performance-Video und Insallation von „my little circle“ bei Station F:

Befreiungsakt ist eine Performance über gesellschaftliche Erwartungen und Normen. Aus einer Atmosphäre von Druck, Zwang, Versagen und Niederlage bewegt sich Holzer in einen Zustand des Einfach-Seins. Eine Sound-Collage aus verschiedenen Stimmen, beschriebenes Gaffer-Tape, etwas Schmerz, Verletzlichkeit und gerötete Haut vermischen sich in der Performance. Am Ende bleibt ein Kreis, der zwischen den Bäumen schwebt.

my little circle. Kreisobjekt. Conni Holzer 2021. Aluminium, Gaffer-Tape, Baumwolltuch, Grundierfarbe, Ölfarbe. Liegt auf drei Steinen & schwebt zwischen zwei Bäumen.

As pickt, soll heißen es klebt. Auf meiner Haut. Ich bewege mich und es zieht, bremst, zwickt. Ich reiße es ab. Schmerz. Haare wurden ausgerissen. As pickt jetzt an meinem Finger. Abschütteln. Abschütteln. Darunter, auf der irritierten Haut steht: „sei lieb und brav“. Schreien will ich. Schreien tu ich. Wegschreien, all das an mir klebende Zeug. Die Worte bleiben. Abbürsten. Abbürsten. Abbürsten. Es tut weh aber das ist mir egal. Es soll weg da. Und es geht weg. Die Haut ist rot und brennt. Ich wickle sie in Trost ein.

Klebrige Streifen in der Natur und mein kleiner Kreis. Mein lieber kleiner Kreis, der mich schützt und einsperrt, über den ich hinauswachse. Klebriges bleibt daran kleben. Ein Kreis voller klebender Prägungen. Wovon ich mich befreie, macht mich frei. Meine rote offene Haut und der beklebte Kreis. Sie verschmelzen. Ich binde ihn ein, meinen kleinen Kreis, umwickle ihn mit dem Trost meiner Haut. Meine Haut springt über. Sie beginnt über den kleinen Kreis zu wachsen. Regeneriert sich und ihn, umschließt all das Rote und Schmerzende, das Klebende und die ausgerissenen Haare. Die offenen Stellen werden rostrot, bräunlich. Mir ist eine weitere Schicht gewachsen. Aus Abgerissenem wird Neues. Wo ich mich befreie entsteht Raum. Spielraum. Lebensraum. Da Sein.

 

Conni, wie fühlt es sich an, wenn ein Teil von dir, mit deiner Haut, zwischen zwei Bäumen am alten Rhein schwebt?

Das kann ich jetzt noch nicht beantworten. Der Gedanke ist seltsam, es zieht im Bauch und ich kriege Gänsehaut. Wie absurd ist es, was ich mache und wie absurd ist die Welt. Wie wir zusammenpassen, die Welt und ich, das erschreckt mich manchmal. Weg das Gefühl, dass ich nicht hierhergehöre oder verschwinden will. Fühlt es sich so an, wenn man das macht was für einen richtig und wichtig ist?

 

Conni Holzer, Juni 2021

Fotos der Performance: by Nina Lyne Gangl

Social media & sharing icons powered by UltimatelySocial